Empfehlungen
Um zur Förderung und dem Erhalt der regionaltypischen Arten- und genetischen Vielfalt beizutragen, sind für alle naturnahen Begrünungen die Grundsätze zum Umgang mit Wildpflanzen zu berücksichtigen. Im Folgenden werden die Grundsätze in Empfehlungen konkretisiert, jeweils spezifisch für die drei wichtigsten Begrünungsmethoden:
- Direktübertragung,
- Direktsaatgut/-pflanzgut und
- Vermehrungsaatgut/-pflanzgut.
Für jede Methode werden die relevanten Anforderungen beschrieben, die zur Zielerreichung notwendig sind.
Die Empfehlungen richten sich an alle Akteure, die naturnahe Begrünungen planen, umsetzen oder entsprechendes Pflanzenmaterial bereitstellen – insbesondere in Landwirtschaft, Siedlungsraum, Verkehrsinfrastruktur und Naturschutz.
Direktübertragung
Direktübertragung bezeichnet die direkte Übertragung von saat- oder diasporenhaltigem Material von Spender- auf Empfängerflächen – insbesondere durch Schnittgut- oder Bodenübertragung.
Bei der Direktübertragung wird der Verbreitung und Standortanpassung von Pflanzenarten über die sorgfältige Auswahl und Beurteilung geeigneter Spenderflächen Rechnung getragen. Der Erfolg und die Qualität einer Direktübertragung werden massgeblich von der Spenderflächenauswahl beeinflusst.
Nach der Auswahl einer oder mehrerer geeigneter Spenderflächen ist die Direktübertragung unter Wahrung der genetischen und floristischen Vielfalt zu realisieren.
Für die naturnahe Begrünung durch Direktübertragungen sind folgende Anforderungen zu beachten.
Auswahl von Spenderflächen
Lokale und standortangepasste Spenderflächen auswählen
-
Die Spenderfläche muss mit der Zielsetzung und den Standortbedingungen der Empfängerfläche kompatibel sein.
→ Die Spenderfläche muss in der Nähe und mindestens in der gleichen biogeografischen Region wie die Empfängerfläche liegen; in Grenzgebieten ist eine regionsübergreifende Übertragung zulässig.
→ Auch die Höhenstufe muss übereinstimmen – der Höhenunterschied darf 300 m nicht überschreiten.
Artenzusammensetzung prüfen
-
Arten und Lebensräume müssen eindeutig bestimmt werden.
→ Die Art und Lebensraumansprache erfolgt gemäss InfoFlora Checkliste 2017 und TypoCH.
→ In Zweifelsfällen sind Fachpersonen hinzuzuziehen. -
Flächen mit Problempflanzen oder invasiven und potenziell invasiven Neophyten dürfen nicht genutzt werden.
→ Eine Auflistung von Problempflanzen kann vom AGRIDEA-Leitfaden für Problempflanzen in der Landwirtschaft entnommen werden.
→ Eine Auflistung der nicht für die Nutzung zugelassenen und nicht empfohlenen Neophyten ist in der Orientierungshilfe der Arbeitsgruppe Cercle Exotique zu entnehmen; weitere Informationen zu den Neophyten-Listen gibt es hier.
Populationsgrösse berücksichtigen
- Die Populationsgrösse der Zielarten in der Spenderfläche muss ausreichend gross sein – idealerweise über 500 Individuen, mindestens jedoch 50 (Mindestanforderung 50/500-Regel).
Nur ursprüngliche Pflanzenbestände nutzen
-
Es dürfen nur ursprüngliche (autochthone) Pflanzenbestände verwendet werden, d.h. Bestände, die nicht angesät oder angepflanzt wurden.
→ Zur Beurteilung sind die Parzellengeschichte (z.B. über Bewirtschafter, Eigentümer oder kantonale Stellen) sowie historische Luftbilder heranzuziehen.
→ Auch die Artenzusammensetzung liefert Hinweise auf mögliche Ansaaten (z.B. Vorkommen von Zuchtsorten oder gebietsfremden Arten). -
Bei Verdacht auf Ansaaten oder Nutzungsänderungen ist von der Nutzung der Fläche abzusehen.
→ Flächen, die nachweislich und ausschliesslich mit Saat- oder Pflanzgut aus derselben biogeografischen Region etabliert wurden (gemäss den hier vorgestellten Empfehlungen), können im Ausnahmefall genutzt werden.
ℹ️ Hinweis: Rechtliche Anforderungen
|
Anforderungen an die Übertragung
Vielfalt bewahren
-
Es sind mindestens 50 Individuen je Art zu übertragen (Mindestanforderung 50/500 Regel).
→ Auf die Nutzung sehr kleiner Spenderflächen (unter 5 Aren) sollte verzichtet werden, da nicht genügend Individuen besammelt werden können. Die Nutzung mehrerer vernetzter Kleinflächen (Metapopulation) bleibt möglich. -
Wo möglich, sind mehrere Spenderflächen für die Begrünung zu kombinieren.
→ Mehrere Spenderflächen können etappenweise über mehrere Jahre für die Begrünung einer Empfängerfläche genutzt werden. - Die natürlichen Populationen auf den Spenderflächen dürfen nicht gefährdet werden (bei nicht destruktiver Übertragung).
→ Eine vollständige Nutzung ist höchstens alle drei Jahre zu erfolgen.
→ Eine jährliche Nutzung ist auf maximal ein Drittel der Fläche zu beschränken.
→ Es soll nur die benötigte Fläche genutzt werden (Richtwert 1:2 Verhältnis Spender- zu Empfängerfläche – siehe Ausbringung).
Übertragung dokumentieren
-
Sämtliche Übertragungen sind umfassend zu dokumentieren.
→ Erhebung von: Koordinaten, Datum, klimatische Bedingungen, Exposition, Höhe über Meer, Lebensraum bzw. Pflanzengesellschaft (TypoCH), besammelten Arten, Populationsgrössen und Grösse der besammelten Fläche.
→ Erfassen einer digitalen Vegetationsaufnahme (Daten melden; FlorApp und Online-Feldbuch).
Hohe Qualität sicherstellen
- Die Qualität von Direktübertragungen ist über die Einhaltung der empfohlenen Arbeitsschritte – prozessorientiert – sicherzustellen.
→ Die Auswahl geeigneter Spenderflächen und die Einhaltung bewährter Übertragungspraktiken sind die zentralen Qualitätskriterien.
Direktsaatgut/-pflanzgut
Für die Gewinnung von Direktsaatgut werden geeignete Spenderflächen mit ursprünglichen Naturbeständen unter Anwendung verschiedener Techniken beerntet. Dabei kommen vor allem Bürst- und Druschverfahren zum Einsatz; ergänzend werden auch Handsammlungen durchgeführt.
Der Erfolg und die Qualität einer Begrünung mit Direktsaatgut hängen hauptsächlich von der Auswahl geeigneter und hochwertiger Spenderflächen ab. Bei der Sammlung ist darauf zu achten, dass die genetische und floristische Vielfalt sowohl auf der Spenderfläche als auch im gesammelten Direktsaatgut erhalten bleibt.
Direktsaatgut ist vielseitig einsetzbar. Damit seine Ausbringung jedoch ökologisch sinnvoll erfolgt und der standorttypischen Verbreitung und Anpassung der Pflanzen Rechnung getragen wird, darf es ausschliesslich innerhalb derselben biogeografischen Region wie die jeweilige Spenderfläche verwendet werden.
Für die naturnahe Begrünung mit Direktsaatgut sind folgende Anforderungen zu beachten.
Auswahl von Spenderflächen
Regionale und höhenstufengerechte Auswahl der Spenderfläche
-
Die Spenderfläche muss der Zielsetzung und den Standortanforderungen der geplanten Nutzung entsprechen.
→ Die Spenderfläche muss innerhalb der für die geplante Nutzung definierten biogeografischen Region liegen.
→ Auch die Höhenstufe muss mit der für die geplante Nutzung vorgesehenen Höhenlage übereinstimmen – die Vegetationshöhenstufen kollin, montan, subalpin und alpin sind einzuhalten.
Artenzusammensetzung prüfen
- Arten und Lebensräume müssen eindeutig bestimmt werden.
→ Die Art und Lebensraumansprache erfolgt gemäss InfoFlora Checkliste 2017 und TypoCH.
→ In Zweifelsfällen sind Fachpersonen hinzuzuziehen. -
Flächen mit Problempflanzen oder invasiven und potenziell invasiven Neophyten dürfen nicht genutzt werden.
→ Eine Auflistung von Problempflanzen kann vom AGRIDEA-Leitfaden für Problempflanzen in der Landwirtschaft entnommen werden.
→ Eine Auflistung der nicht für die Nutzung zugelassenen und nicht empfohlenen Neophyten ist in der Orientierungshilfe der Arbeitsgruppe Cercle Exotique zu entnehmen; weitere Informationen zu den Neophyten-Listen gibt es hier.
Populationsgrösse berücksichtigen
-
Die Populationsgrösse der Zielarten muss ausreichend gross sein – idealerweise über 500 Individuen, mindestens jedoch 50 (Mindestanforderung 50/500-Regel).
Nur ursprüngliche Pflanzenbestände nutzen
-
Es dürfen nur ursprüngliche (autochthone) Pflanzenbestände verwendet werden, d.h. Bestände, die nicht angesät oder angepflanzt wurden.
→ Zur Beurteilung sind die Parzellengeschichte (z.B. über Bewirtschafter, Eigentümer oder kantonale Stellen) sowie historische Luftbilder heranzuziehen.
→ Auch die Artenzusammensetzung liefert Hinweise auf mögliche Ansaaten (z.B. Vorkommen von Zuchtsorten oder gebietsfremden Arten). -
Bei Verdacht auf Ansaaten oder Nutzungsänderungen ist von der Nutzung der Fläche abzusehen.
→ Flächen, die nachweislich und ausschliesslich mit Saat- oder Pflanzgut aus derselben biogeografischen Region etabliert wurden (gemäss den hier vorgestellten Empfehlungen), können im Ausnahmefall genutzt werden.
ℹ️ Hinweis: Rechtliche Anforderungen
|
Anforderungen an die Sammlung
Vielfalt bewahren
-
Es sind mindestens 50 Individuen je Art zu sammeln (Mindestanforderung 50/500 Regel).
→ Auf die Nutzung sehr kleiner Spenderflächen (unter 5 Aren) sollte verzichtet werden, da nicht genügend Individuen besammelt werden können. Die Nutzung mehrerer vernetzter Kleinflächen (Metapopulation) bleibt möglich. - Sammlungen mit Bürst- und Druschverfahren sind durch Handsammlungen zu vervollständigen.
→ Maschinell schlecht erfasste Arten und Entwicklungsstadien sind zu ergänzen.
→ Bei Handsammlungen sind mindestens 50-200 Individuen je Art zu besammeln; bei grossen Populationen besser 200-500 Individuen.
→ Abhängig von Art und Samenproduktion sind um 5000 Samen zu sammeln.
Mehrere Spenderflächen kombinieren
- Innerhalb einer biogeografischen Region sind mehrere Spenderflächen für die Gewinnung von Direktsaatgut zu besammeln und zu kombinieren.
→ Die Chargen aus den jeweiligen Spenderflächen sind bis zur Ausbringung getrennt zu halten, um projektspezifische Mischungen zu ermöglichen.
Repräsentative Stichprobe sammeln
-
Das gesamte Artenspektrum einer Spenderfläche ist zu beproben.
→ Bei Handsammlungen sind kleine, grosse, fitte und weniger fitte Individuen zu besammeln; eine gezielte Selektion ist zu vermeiden.
→ Bei Pflanzengesellschaften mit langer Reifezeit (z.B. Streuwiesen) sind Sammlungen im gleichen Bestand zu mehreren Zeitpunkten durchzuführen.
Spenderflächen nicht gefährden
-
Die natürlichen Populationen auf den Spenderflächen dürfen nicht gefährdet werden.
→ Eine vollständige Nutzung ist höchstens alle drei Jahre zu erfolgen.
→ Eine jährliche Nutzung ist auf maximal ein Drittel der Fläche zu beschränken.
→ Bei verfahrensbedingt hohen Saatgutverlusten bzw. -streuung kann häufiger geerntet werden, da weniger Saatgut von der Spenderfläche entnommen wird - Ergänzende Handsammlungen erfolgen schonend und nachhaltig.
→ Richtwert: Maximal 20% des momentan vorhandenen Samenvorrats sammeln; bei jährlich wiederholten Sammlungen ist dieser Anteil zu reduzieren.
→ Bei ein- und zweijährigen sowie gefährdeten Arten ist die Entnahmemenge zu reduzieren.
→ Bei mehrjährigen und langlebigen Arten sind höhere Entnahmemengen möglich.
Sammlung dokumentieren
- Die Sammlung von Direktsaatgut ist umfassend zu dokumentieren.
→ Erhebung von: Koordinaten, Datum, klimatische Bedingungen, Exposition, Höhe über Meer, Lebensraum bzw. Pflanzengesellschaft (TypoCH), besammelten Arten, Populationsgrössen und Grösse der besammelten Fläche.
→ Erfassen einer digitalen Vegetationsaufnahme (Daten melden; FlorApp und Online-Feldbuch).
Hohe Qualität sicherstellen
-
Die Qualität von Direktsaatgut wird stichprobenweise sichergestellt.
→ Bei Direktsaatgut sind die Reinheit und der Anteil lebensfähiger Samen als zentrale Qualitätskriterien zu verwenden (siehe Pedrini und Dixon 2020). Die Keimfähigkeit ist bei Direktsaatgut wenig aussagekräftig, da nicht für alle enthaltenen Arten gleichzeitig optimale Keimbedingungen geschaffen werden können.
ℹ️ Hinweis: Aufbereitung, Lagerung und Verbesserung von Wildpflanzensaatgut
|
Anforderungen an die Nutzung
Biogeografische Herkunft und Höhenlage einhalten
- Der Einsatz von Direktsaatgut ist auf die biogeografische Herkunftsregion sowie die ursprüngliche Höhenlage der Spenderfläche zu beschränken.
Mix and match – Spenderflächen gezielt kombinieren
- Innerhalb derselben biogeografischen Region und Höhenlage sind verschiedene Spenderflächen zu kombinieren.
→ Je nach Zielsetzung lassen sich unterschiedliche Chargen so mischen, dass lokale Anpassung, genetische Vielfalt und das zukünftige Anpassungspotenzial optimal ausbalanciert werden.
Pflichtangaben bereitstellen
-
Informationen zur Herkunft und zum vorgesehenen Einsatzbereich von Direktsaatgut sind bereitzustellen.
→ Anzugeben sind:- Herkunft und für den Einsatz geeignete biogeografische Region (seed transfer zone)
- Artenzusammensetzung
- Ursprünglicher Lebensraum bzw. Referenzlebensraum (TypoCH)
- Rückverfolgbarkeit zu Charge und Spenderfläche
- Zusätzliche Komponenten oder Behandlungen (z.B. Saathelfer, Deckfrüchte, Saatgutverbesserung)
- Hinweise zur Ansaat
Vermehrungssaatgut/-pflanzgut
Regionales Vermehrungssaatgut wird durch kontrollierte Zwischenvermehrung von Wildpflanzen in spezialisierten Betrieben produziert. Das hierfür benötigte Basissaatgut stammt aus Handsammlungen in autochthonen, natürlichen Beständen.
Nicht alle Wildpflanzenarten oder Populationen sind für die Saatgutvermehrung geeignet. Nur genetisch stabile, standorttypische und naturschutzfachlich unbedenkliche Populationen sollten als Ausgangsmaterial dienen. Die Auswahl der zu vermehrenden Arten und ihrer Ursprungspopulationen muss der Zielsetzung und den Standortanforderungen der geplanten Nutzung entsprechen.
Vermehrungssaatgut kann flexibel eingesetzt werden und z.B. nach Bedarf als Mischungen zusammengestellt werden. Dabei ist stets die Herkunft des Saatgutes zu berücksichtigen: Vermehrungssaatgut darf nur in derselben biogeographischen Region verwendet werden, aus der die jeweiligen Ursprungspopulationen stammen.
Für die naturnahe Begrünung mit Vermehrungssaatgut sind folgende Anforderungen zu beachten.
Auswahl von Arten und Ursprungspopulationen
Nur geeignete Arten auswählen
-
Bei der Auswahl geeigneter Arten ist ihre natürliche Verbreitung zu beachten.
→ Als Verbreitungseinheiten gelten die 12 biogeografischen Regionen.
→ Für einzelne Arten kann auch eine Einteilung in 6 biogeografische Grossregionen ausreichend sein; z.B. bei häufigen und regelmässig verbreiteten Arten mit Ausbreitungs- oder Bestäubungsmechanismen, die auf einen starken und geografisch weitreichenden genetischen Austausch hinweisen.
❗ Achtung: Das Prinzip „lokal ist am besten“ gilt immer. Eine Herkunft z. B. aus dem Genferseebecken ist in der Regel schlechter für die Ostschweiz geeignet – selbst wenn beide Standorte in derselben biogeografischen Grossregion liegen. -
Zuchtsorten sind nicht erlaubt.
-
Neophyten sind zu vermeiden.
→ Invasive Neophyten sind verboten.
→ Unproblematische Neophyten sind nicht empfohlen. -
Seltene und gefährdete Arten sind nur in Absprache mit den entsprechenden kantonalen Fachstellen auszuwählen.
- Arten müssen eindeutig bestimmt werden.
→ Die Art und Lebensraumansprache erfolgt gemäss InfoFlora Checkliste 2017 und TypoCH.
→ In Zweifelsfällen sind Fachpersonen hinzuzuziehen.
ℹ️ Hinweis: Grüne Liste von InfoFlora
|
Regionale und höhenstufengerechte Ursprungspopulation auswählen
- Die Ursprungspopulationen müssen den Zielsetzungen und Standortanforderungen der geplanten Nutzung entsprechen.
→ Die Ursprungspopulation muss innerhalb der für die geplante Nutzung definierten biogeografischen Region (oder Grossregion) liegen.
→ Auch die Höhenstufe muss mit der für die geplante Nutzung vorgesehenen Höhenlage übereinstimmen – die Vegetationshöhenstufen kollin, montan, subalpin und alpin sind einzuhalten.
Populationsgrösse berücksichtigen
-
Die Populationsgrösse der Zielarten muss ausreichend gross sein – idealerweise über 500 Individuen, mindestens jedoch 50 (Mindestanforderung 50/500-Regel).
Nur ursprüngliche Pflanzenbestände nutzen
-
Es dürfen nur ursprüngliche (autochthone) Pflanzenbestände verwendet werden, d.h. Bestände, die nicht angesät oder angepflanzt wurden.
→ Zur Beurteilung sind die Parzellengeschichte (z.B. über Bewirtschafter, Eigentümer oder kantonale Stellen) sowie historische Luftbilder heranzuziehen.
→ Auch die Artenzusammensetzung liefert Hinweise auf mögliche Ansaaten (z.B. Vorkommen von Zuchtsorten oder gebietsfremden Arten). -
Bei Verdacht auf Ansaaten oder Nutzungsänderungen ist von der Nutzung der Fläche abzusehen.
→ Flächen, die nachweislich und ausschliesslich mit Saat- oder Pflanzgut aus derselben biogeografischen Region etabliert wurden (gemäss den hier vorgestellten Empfehlungen), können im Ausnahmefall genutzt werden.
ℹ️ Hinweis: Rechtliche Anforderungen
|
Anforderungen an die Sammlung
Vielfalt bewahren
- Es sind mindestens 50-200 Individuen pro Art und Population zu besammeln; bei grossen Populationen 200-500 (Mindestanforderung 50/500-Regel).
→ Abhängig von Art und Samenproduktion sind ca. 5000 Samen zu sammeln.
→ Werden weniger als 50 Individuen besammelt, ist dies zu dokumentieren und zu begründen.
Mehrere Spenderflächen kombinieren
- Innerhalb einer biogeografischen Region sind mehrere Populationen zu besammeln und zu kombinieren.
→ Die Akzessionen aus den jeweiligen Ursprungspopulationen sind bis zur Ausbringung getrennt zu halten, um projektspezifische Mischungen zu ermöglichen.
Repräsentative Stichprobe sammeln
- Die gesamte Vielfalt einer Ursprungspopulation ist zu besammeln.
→ Es sind kleine, grosse, fitte und weniger fitte Individuen zu besammeln; eine gezielte Selektion ist zu vermeiden.
→ Eine Ursprungspopulation ist an unterschiedlichen Zeitpunkten zu besammeln, um Individuen von möglichst vielen phänologischen Stadien zu erfassen.
Spenderflächen nicht gefährden
- Die natürlichen Populationen dürfen nicht gefährdet werden; Sammlungen erfolgen schonend und nachhaltig.
→ Richtwert: Maximal 20% des momentan vorhandenen Samenvorrats sammeln; bei jährlich wiederholten Sammlungen ist dieser Anteil zu reduzieren.
→ Bei ein- und zweijährigen sowie gefährdeten Arten ist die Entnahmemenge zu reduzieren.
→ Bei mehrjährigen und langlebigen Arten sind höhere Entnahmemengen möglich.
Sammlung dokumentieren
- Die Sammlung von Basissaatgut aus Ursprungspopulationen ist umfassend zu dokumentieren.
→ Erhebung von: Koordinaten, Datum, klimatische Bedingungen, Exposition, Höhe über Meer, Lebensraum bzw. Pflanzengesellschaft (TypoCH), besammelten Arten, Populationsgrössen und Grösse der besammelten Fläche.
→ Erfassen einer digitalen Fundmedlung für jede Akzession (Daten melden; FlorApp und Online-Feldbuch).
→ Erstellen von Herbarbelege von Akzessionen schwer bestimmbarer Arten.
Anforderungen an die Vermehrung
Unterschiedliche Herkünfte getrennt vermehren
- Unterschiedliche Herkünfte sind getrennt zu vermehren.
→ Einzelne Akzessionen werden grundsätzlich separat vermehrt.
→ Sehr kleine Akzessionen aus derselben biogeografischen Region können bei ähnlichen Standortbedingungen als Metapopulation zusammengefasst und vermehrt werden.
Grosse Vermehrungskulturen anlegen
- Vermehrungskulturen sind mit möglichst grossen Ausgangspopulation anzulegen.
→ Richtwert: Mindestens 50, idealerweise 500 Individuen pro Art (Mindestanforderungen 50/500-Regel).
Kulturbedingungen naturnah gestalten
- Kulturbedingungen sind naturnah zu gestalten.
→ Bei Umpflanzungen darf keine Auslesen stattfinden; sämtliche Pflanzen – auch kleine oder kümmrige – sind gleichermassen zu verwenden.
Maximale Anzahl Generationen begrenzen
- Die maximale Anzahl Generationen in Kultur ist zu begrenzen.
→ Richtwert: Nach maximal fünf Generationen ist eine Vermehrungskultur mit frischem Basissaatgut zu erneuern.
→ Bei guter Lagerfähigkeit des Basissaatgut kann auch eingelagertes Material für die Erneuerung genutzt werden.
Rückverfolgbarkeit gewährleisten
- Die Rückverfolgbarkeit der Herkunft sowie die lückenlose Dokumentation der Vermehrung müssen gewährleistet sein.
→ Jede Charge ist eindeutig zu kennzeichnen; Herkunft und Vermehrungsgeneration sind festzuhalten.
→ Basissaatgut von der Ursprungspopulation wird als Generation G0 bezeichnet.
Hohe Qualität sicherstellen
- Die Qualität von Vermehrungssaatgut wird stichprobenweise sichergestellt.
→ Bei Vermehrungssaatgut sind die Reinheit und der Anteil lebensfähiger Samen als zentrale Qualitätskriterien zu verwenden (siehe Pedrini und Dixon 2020). Die Keimfähigkeit kann zusätzlich ermittelt werden.
ℹ️ Hinweis: Aufbereitung, Lagerung und Verbesserung von Wildpflanzensaatgut
|
Anforderungen an die Nutzung
Biogeografische Herkunft und Höhenlage einhalten
- Der Einsatz von Vermehrungssaatgut ist auf die biogeografische Herkunftsregion sowie die ursprüngliche Höhenlage der Ursprungspopulation zu beschränken.
→ Bei häufigen und weit verbreiteten Arten genügt die Einhaltung der entsprechenden biogeografischen Grossregion.
→ Mischungen dürfen ausschliesslich Arten und Herkünfte aus derselben biogeografischen Region (oder Grossregion) und Höhenlage enthalten.
Mix and match – Herkünfte gezielt kombinieren
- Innerhalb derselben biogeografischen Region und Höhenlage sind verschiedene Herkünfte zu kombinieren.
→ Je nach Zielsetzung lassen sich unterschiedliche Chargen so mischen, dass lokale Anpassung, genetische Vielfalt und das zukünftige Anpassungspotenzial optimal ausbalanciert werden.
→ Die Mischung der Herkünfte darf erst unmittelbar vor der Nutzung erfolgen.
Pflichtangaben bereitstellen
-
Informationen zur Herkunft und zum vorgesehenen Einsatzbereich von Direktsaatgut sind bereitzustellen.
→ Anzugeben sind:- Herkunft und für den Einsatz geeignete biogeografische Region (seed transfer zone)
❗ Achtung: Abweichungen in der Herkunft einzelner Arten müssen unbedingt angegeben werden - Artenzusammensetzung
- Kennzeichnung zur Rückverfolgbarkeit der Charge und Akzession jeder Art (Ursprungspopulation)
- Zusätzliche Komponenten oder Behandlungen (z.B. Saathelfer, Deckfrüchte, Saatgutverbesserung)
- Hinweise zur Ansaat
- Herkunft und für den Einsatz geeignete biogeografische Region (seed transfer zone)